Das rote Sofa der Deutschen Verkehrs-Zeitung ist in der Logistik wohl ähnlich bekannt wie der sprichwörtliche und ebenfalls bunte Hund. Von Fachmesse zu Fachmesse zieht es das Möbelstück, auf dem sich Event für Event zahlreiche namhafte Talk-Gäste zum Gespräch niederlassen. So zuletzt auch Geschäftsführer Stephan Opel während der transport logistic 2023, die vom 09. bis zum 12. Mai in München stattfand.
Die Neuausrichtung im Kontext
Im Gespräch mit DVZ-Redakteur Tobias Loew geht es dabei nicht nur um die langersehnte Rückkehr der Fachmesse, die nach vierjähriger Pause dieses Jahr neue Besucherrekorde aufstellte. Die letzten Krisenjahre sowie die größten aktuellen Herausforderungen standen stattdessen im Vordergrund. „Wir haben festgestellt, dass die Netzwerke bei weitem nicht so stabil waren, wie wir uns das alle gedacht haben“, beantwortet Stephan Opel die Frage nach Erkenntnissen aus dieser Zeit. Die Neuausrichtung samt Digitalisierungsoffensive der Stückgutkooperation sei einerseits durch die Herausforderungen rund um Personal-, Kapazitäten- und Ressourcenmangel motiviert. „[Wir merken, dass] eine Unterstützung durch KI-basierte Möglichkeiten und Instrumente uns einfach nach vorne bringen kann und nach vorne bringen muss“, erklärt Stephan Opel, „wir haben uns auf die Fahne geschrieben: 365 Tage Qualität. Die liefern wir. Dazu brauchen wir eine Stabilität, das heißt, wir müssen in der Lage sein, über diese [KI-]Unterstützung auch das Personal zu entlasten, die Partner zu entlasten. Alles andere wird nicht funktionieren.“
Andererseits wolle man für neue Partner und Gesellschafter attraktiver werden und neue Wege gehen, um die Qualität im Netzwerk zu sichern. Einhergehend habe man den Paradigmenwechsel beschlossen: „[Wir] haben gleichzeitig gesagt, dass die Netzwerksteuerung, Mengensteuerung und Netzwerkoptimierung, ein Thema für die Zentrale ist, also wirklich eine zentrale Aufgabe, um die Betriebe zu unterstützen. Daran arbeiten wir massiv, das ist eine Herkulesaufgabe. Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg, denn Netzwerksteuerung, Netzwerkoptimierung kann man nur aus einer ganzheitlichen Sicht tatsächlich auch nach vorne bringen.“
Die soziale Verantwortung der Logistik
Und was würde Stephan Opel an der Transportbranche als Ganzes verändern? „Wir sind ja hier unter uns“, scherzt er, „wir müssen offener und ehrlicher miteinander umgehen.“ Und dann stimmt er mit dem Thema Gräfenhausen, wo polnische Lkw-Fahrer knapp sechs Wochen lang für bessere Arbeitsbedingungen protestieren, einen eher ernsten Tonfall an: „Dass dort 60 Fahrer stehen, die ihren Lohn nicht bekommen – das fällt uns massiv auf die Füße. Die Logistik ist in Deutschland drittgrößter Arbeitgeber, es gibt hervorragende Jobmodelle. Die Logistik wird in Zukunft weiterhin eine herausragende Rolle spielen. Da dürfen solche Dinge einfach nicht passieren. Und wenn man sich vorstellt, dass wir alle wissen, dass im großen Stil so gehandelt wird, da muss dort ein Riegel vorgeschoben werden. Das geht nicht. Das kann man nicht akzeptieren. Wir reden von Menschenhandel. Wir reden davon, dass Leute missbraucht werden. Wir reden davon, dass Leute ihre Familien nicht ernähren können. Wir reden von Ausschreibungen, wo – nach wie vor – Kilometerpreise angeboten und zum Teil auch gefordert werden, die jenseits von Gut und Böse sind. Dieses Thema muss man einfach stoppen. Da gibt es auch gar keine Diskussion.“ Im Anschluss richtet er noch einen starken Appell an alle Logistiker:innen: Man müsse die Verantwortung annehmen und ihr auch gerecht werden. Dazu zählen nicht nur gute Arbeitsbedingungen und anständige Löhne, sondern auch entsprechende Wertschätzung.